Liebe Leser*innen
Das Jahr 2020 war für uns alle in vielerlei Hinsicht herausfordernd. Viele Gewissheiten wurden durch die Coronapandemie auf den Kopf gestellt. Im Moment, wo ich diese Zeilen schreibe, ist alles andere als sicher, dass die Pandemie überwunden ist oder überhaupt endgültig überwunden werden kann.
Ruth Gurny, Präsidentin
Die Coronakrise hat auch unsere Genossenschaft herausgefordert. Die Geschäftsstelle verlegte ihre Arbeit weitgehend ins Homeoffice, die Zugänglichkeit in der Pension Kalkbreite und in den öffentlichen Bereichen des Wohn- und Gewerbebaus Kalkbreite wurde massiv eingeschränkt, und auf der Baustelle Zollhaus mussten wir für umfassende Hygienevorkehrungen sorgen. All diese Massnahmen hatten glücklicher-weise Erfolg: Auf der Zollhaus-Baustelle und unter den Mitarbeiter*innen waren nur vereinzelt Erkrankungsfälle zu verzeichnen. Dafür sind wir sehr dankbar.
Die verwaisten Orte des Verweilens und des sozialen Austausches machen aber auch wehmütig: Die physische Distanzierung, die so wirksam ist gegen die Ansteckung mit dem Virus, erschwert den sozialen Austausch und das Gemeinschaftliche. Es tat weh, alle Veranstaltungen der Genossenschaft absagen zu müssen. Lange hofften wir, dass mit einer Verschiebung unserer Generalversammlung in den Herbst 2020doch noch ein reales Treffen mit unseren Genossenschafter*innen möglich würde. Bald aber zeigte sich, dass die Pandemie im Herbst eher zu- als abnahm, und so entschieden wir schweren Herzens, die GV schriftlich durchzuführen. Ein Novum für uns wie für viele andere! Dank der guten Vorbereitung durch die Geschäftsleitung lief alles problemlos ab, alle Geschäfte fanden Zustimmung.
Als Rahmenthema des diesjährigen Jahresberichts wählte der Vorstand den vieldeutigen Begriff der Perspektive. Nicht ganz zufällig: Es ist und bleibt auch in Krisenzeiten wichtig, die Dinge von verschiedenen Seiten an-zuschauen und den Blick nach vorn nicht zu vernachlässigen.
In seinem Text «Eine gute Perspektive: In Bewegung bleiben» skizziert der Vorstand bevorstehende Themen. Die Sicht von aussen präsentieren uns drei Autor*innen: Alice Hollenstein, Psychologin und Stadtentwicklerin, richtet ihren Blick auf unsere Aussen-räume: Was sieht, was empfindet sie als «urban psychologist», wenn sie sich auf den Dächern des Zollhauses oder den Terrassen des Wohn- und Gewerbebaus Kalkbreite aufhält? Martin Biebricher, der sich an der ZHAW unter anderem mit partizipativer Stadt- und Gemeindeentwicklung beschäftigt, fragt sich (und uns), wie weit Partizipation hilft, die vielfältigen Ansichten und Anliegen der verschiedenen Anspruchsgruppen in der Genossenschaft in eine gemeinsame Haltung zu integrieren. Er stellt aber auch Überlegungen dazu an, ob allenfalls bestimmte Anspruchsgruppen nicht erreicht werden und ob es so etwas wie Exklusion durch Partizipation gibt. Eine leicht satirische Note bringt Simon Chen, Spoken-Word-Autor und Slam-Poet. Er macht uns in seiner Glosse klar: Wir sehen die Dinge nicht so, wie sie sind, sondern so, wie wir sind. Auf der Baustelle im Zollhaus wurde intensiv gearbeitet, gehämmert, geschraubt, gemalt und montiert. Im Herbst konnten als erste Mieter der städtische Kindergarten und der Hort ins kleinste Haus einziehen. Die Kinder verbringen Pause und Freizeit an einem ganz speziellen Ort – auf dem Dach mit Aussicht aufs Gleismeer und die Alpen! Das ist für Zürich eine Neuheit: die Nutzung der Dachfläche als spannender und attraktiver Aussenraum für Kinder. Wir sind sicher, dass viele Zürcher Schulen
und Kindergärten uns dabei folgen werden. Zu knapp ist das rare
Gut des Bodens, als dass die Dächer nicht gut genutzt werden sollten.
Im Berichtsjahr verliessen uns zwei Mitarbeiterinnen: im Sommer Nina Schneider, Projektleiterin Nutzung, Partizipation und Betrieb Zollhaus. Mehr zum langjährigen Engagement von Nina auf S. 5. Weiter beendete auf Ende Jahr Ursina Merkt, Mitarbeiterin Kultur- und Projektmanagement, ihr Engagement bei uns, weil sie nun ihre eigenen Projekte intensiver verfolgen will. Alles Gute, Ursina!
Es kamen aber auch neue Leute zu uns: Im März stiess Sonja Jovanovic als neue Mitarbeiterin für die Reinigung zu uns, im Mai konnten wir Christoph Osterwalder als Leiter Betriebsunterhalt gewinnen, und seit November verstärkt Michael Zippermayr das Team Betriebsunterhalt und Edna Bohnert das Team am Desk. Herzlich willkommen!
Auch auf der Ebene der Gremien kam es zu einigen Wechseln. Michael Mettler, unser Mann für Nachhaltigkeitsthemen, verliess im Sommer den Vorstand. Ihm verdanken wir unter anderem, dass wir uns für die 2000-Watt-Areal-Zertifizierung entschieden – er hat den Vorstand mit Nachdruck und Ausdauer von dieser sinnvollen Sache überzeugt. Wir mussten auch von Rainer Thalmann Abschied nehmen, einem langjährigen Mitstreiter im Vorstand: Er vertrat als städtischer Vertreter seit 2010 mit viel Engagement die Sicht der Stadt im Vorstand. Als Nachfolger durften wir Stephan Jack begrüssen, Portfolio Manager bei Liegenschaften Stadt Zürich. Die Generalversammlung wählte neu Christine Bühler und Marco Henriquez in den Vorstand. Wir sind sehr dankbar für ihr Engagement.
Auch Stephan Bernard, der zusammen mit Esther Haas die Ombudsstelle der Genossenschaft mit viel Engagement und Sachkompetenz aufgebaut hat, verliess uns im Berichtsjahr. An seine Stelle traten neu Reto Meister und Jonas Nakonz.
Sie werden zusammen mit Esther Haas, die uns glücklicherweise erhalten blieb, die Ombudsstelle in die weitere Zukunft führen; diese wird sich nun neu auch mit allfälligen Themen aus dem Zollhaus beschäftigen.
Ich bedanke mich an dieser Stelle ganz herzlich bei den beiden Co-Geschäftsleiterinnen Claire Comte und Valérie Clapasson, die den Betrieb im Spagat zwischen Homeoffice und Präsenz für die Mieter*innen bewältigen mussten; bei Andreas Billeter und allen Beteiligten im Projekt Zollhaus die den Bau unter Coronabedingungen einem guten Ende zuführten; bei all unseren Mitarbeiter*innen, Genossenschafter*innen und Engagierten für ihre Unterstützung und Zusammenarbeit im vergangenen Jahr. Wir sind sicher, dass wir dank euch allen unsere gemeinsamen Ziele des nachhaltigen, bezahlbaren und gemeinschaftlichen Bauens und Wirkens auch in diesen herausfordernden Zeiten nicht aus den Augen verlieren werden!