HOUDINIs ZUKUNFT

Antrag zum Teilerlass der Darlehensschuld

Ausserordentliche Generalversammlung 2025

30. Januar 2025 um 20 Uhr im Riffraff.

Apéro ab 19 Uhr.

Weiterführende
Informationen

Statement Spurgruppe Kultur

Ausserordentliche Generalversammlung 2025

HOUDINIs ZUKUNFT

Liebe Genossenschafter*innen

Der Vorstand der Genossenschaft Kalkbreite lädt zur ausserordentlichen Generalversammlung am Donnerstag, 30. Januar 2025 um 20 Uhr im Kino Riffraff ein. Thema ist der zukünftige Umgang mit der Darlehensforderung der Genossenschaft gegenüber der Neugass Kino AG (Betreiberin Kino Houdini).

Kinokultur im Wandel

Das Kino Houdini ist eine wichtige Ankermieterin und das kulturelle Herzstück der Liegenschaft Kalkbreite. Seit Eröffnung im Jahr 2014 trägt der Kinobetrieb massgeblich zum Selbstverständnis und zur Identität der Kalkbreite bei, wie sie auch in den Statuten festgeschrieben ist: Ein lebendiges Stück Stadt, in dem Wohnen, Arbeiten und Kultur zusammenkommen. 

In diesen zehn Jahren hat sich die Kinolandschaft durch strukturelle Veränderungen stark gewandelt und das Kino Houdini sieht sich aktuell mit ernsthaften finanziellen Herausforderungen konfrontiert, die den Fortbestand des Kinobetriebs gefährden. Ausgelöst wurde dies durch Umsatzeinbussen aufgrund rückläufiger Besucher*innenzahlen, die Belastung der Pandemie in den Jahren 2020/2021/2022 und die finanziellen Folgen eines Brandschadens im Jahr 2015.

Alle diese Faktoren haben die Neugass Kino AG so stark beeinträchtigt, dass sie ihre Schulden aus eigener Kraft nicht mehr abbauen kann. Das Unternehmen befindet sich derzeit in einer Transformation hin zu einem Kulturbetrieb mit öffentlicher Kinoförderung. Voraussetzung für diese Förderungsoption ist jedoch ein signifikanter Schuldenabbau. 

Programm

Donnerstag, 30. Januar 2025

Riffraff Kino

Neugasse 57-63, 8005 Zürich

19 Uhr

Apéro in der Riffraff Bar

20 Uhr

Beginn Generalversammlung im Kinosaal «Riffraff 1»

Traktanden

1. Begrüssung

2. Informationen zum Antrag der Neugass Kino AG (Betreiberin Kino Houdini)

3.   Antrag des Vorstandes:

Der Vorstand der Genossenschaft wird ermächtigt, mit der Neugass Kino AG einen Vertrag abzuschliessen, mit welchem:

A

die Neugass Kino AG sich verpflichtet, den Betrag von CHF 597'900 ihrer Darlehensschuld bis zum 30. April 2025 zu tilgen und

B

die Genossenschaft Kalkbreite den Betrag von CHF 597'900 ihrer Darlehensforderung in ein Guthaben zum Erwerb von Kinobilletten und weiteren Leistungen gegenüber der Neugass Kino AG wandelt und

C

der Neugass Kino AG einen Teil ihrer Darlehensschuld im Betrag von CHF 597'901 erlassen wird.

4. Varia

Weiterführende Informationen


Rückblick und Status Quo

Das Darlehen

Die Genossenschaft hat in den Entstehungsjahren der Liegenschaft Kalkbreite einigen Ankermieter*innen ein finanzielles Darlehen für ihre Innenausbauten der Gewerberäumlichkeiten gewährt. Seit 2012 und 2013 sind die langfristigen Forderungen dieser Mieterausbauten in den Jahresrechnungen ersichtlich. Die Genossenschaft hat der Neugass Kino AG im Zusammenhang mit dem Innenausbau des Kinos Houdini (Eröffnung 2014) damals einen Kredit in der Höhe von
CHF 2'886'235 gewährt. Die Neugass Kino AG hat bis dato über eine Million Franken dieser Darlehensschulden (plus Verzinsung) zurückbezahlt. Per 31.12.2024 beträgt die verbleibende Darlehensschuld CHF 1'793'701.

Die Wertberichtigungen

Im Jahr 2018 erfolgte erstmals eine Wertberichtigung* von CHF 380‘000 auf diese Darlehensschuld in den Büchern der Genossenschaft aufgrund der wirtschaftlich herausfordernden Situation der Neugass Kino AG. Seit 2018 wurden laufend Gespräche zwischen der Genossenschaft und der Neugass Kino AG geführt zu den strukturellen und finanziellen Herausforderungen des Kinobetriebs.

Eine zweite Wertberichtigung auf das gesamte ausstehende Darlehen in der Höhe von CHF 1'735'900 wurde in der Jahresrechnung 2019 vorgenommen. Diese Entscheidung basierte auf den stark verschlechterten wirtschaftlichen Aussichten des Kinobetriebs während der Corona-Pandemie. Die erhebliche finanzielle Schieflage der Neugass Kino AG veranlasste die Genossenschaft zu dieser ausserordentlichen Massnahme. Infolgedessen verzeichnete die Genossenschaft Kalkbreite erstmals in ihrer Geschichte einen erheblichen Jahresverlust für das Geschäftsjahr 2019.

Vorstand und Geschäftsleitung erachteten diese Wertberichtigung als notwendige präventive Massnahme im Rahmen einer umsichtigen Geschäftsführung. Die steuerlichen Auswirkungen dieser Wertberichtigungen wurden in der Jahresrechnung 2021 der Genossenschaft berücksichtigt.

Aus Gründen der Vertraulichkeit und des Datenschutzes erfolgte die Information über diese Wertberichtungen in den Jahresrechnungen resp. Jahresberichten bislang in anonymisierter Form.

  • * Wertberichtigungen sind Bewertungskorrekturen in der Bilanz. Sie berücksichtigen einen möglichen Wertverlust (z.B. offene Forderung bei prognostizierter Zahlungsunfähigkeit des Schuldners), wohingegen Abschreibungen einen effektiven Wertverlust bedeuten.

Geleistete Unterstützung

In den Jahren 2019, 2020 und 2021 hat die Genossenschaft der Neugass Kino AG jeweils CHF 24'000 Reduktion auf die Mindestmiete der Kinoräumlichkeiten gewährt.  Im Jahr 2020 erfolgten zudem Unterstützungsbeiträge in Form einer ­einmaligen Mietzinsreduktion in der Höhe von CHF 10'000 sowie weiterer Mietzinserlass und Reduktionen infolge der Corona-Pandemie, wie sie alle Gewerbemieter*innen von der Genossenschaft erhalten haben. 2020 und 2021 hat die Genossenschaft zudem auf den jeweiligen Darlehenszins von CHF 31'739 der Neugass Kino AG verzichtet. Eine Weiterführung der Mietzinsreduktion auf die Mindestmiete als liquiditätsschonende Übergangslösung für die Neugass Kino AG wird im Rahmen der Sanierung nicht in Betracht gezogen, da daraus keine langfristige Lösung resultiert.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die bisher geleistete Unterstützung der  Genossenschaft für den Kulturbetrieb der Neugass Kino AG zwei Komponenten umfasste:

  • eine finanzielle Unterstützung von insgesamt CHF 145’478
  • die Vermietung der Kinoräumlichkeiten seit 2014 zu einem vergünstigten Preis, wodurch sich im Vergleich zur Durchschnittsmiete der Gewerberäume in der Kalkbreite eine jährliche Differenz von rund CHF 80‘000 ergab.

Die Darlehensforderung beträgt per 31.12.2024 CHF 1’793’701. 2020 und 2021 erfolgte eine Stundung der Darlehensamortisation von jeweils CHF 137’534 und im Jahr 2022 in der Höhe von CHF 68’767.  Insgesamt wurden  Darlehensamortisationen über CHF 343’835 gestundet.

Genossenschaft und Kultur

Warum braucht es eine Entscheidung durch die Generalversammlung?

Zwischen der Genossenschaft und der Neugass Kino AG wurden seit 2018
fortwährend Gespräche zu den finanziellen Herausforderungen des Kinobetriebs geführt. Die aktuelle Situation erfordert nun eine richtungsweisende ­Entscheidung: Es geht nicht mehr um vereinzelte Unterstützungsmassnahmen, sondern um ein umfassendes Sanierungspaket zur Sicherung der Fortführung des Kinobetriebs. Die Neugass Kino AG befindet sich derzeit in einer Transformation hin zu einem Kulturbetrieb mit öffentlicher Kinoförderung. Voraussetzung für diese Förderoption ist jedoch ein signifikanter Schuldenabbau, den sie aus eigener Kraft nicht bewerkstelligen können.

Der Vorstand der Genossenschaft beabsichtigt als aktive Partner*in an einer zukunftsfähigen Lösung mitzuwirken und strebt den Erhalt des Kino Houdini als kulturelle Ankermieter*in der Kalkbreite an. Nebst finanziellen und strategischen Fragestellungen ist sich der Vorstand der immateriellen und kulturellen Tragweite dieser Angelegenheit bewusst und sieht eine genossenschaftlich breit abgestützte Meinungsbildung als unabdingbare Voraussetzung für die Lösungsfindung. Die Entscheidung, die Darlehensschuld des Kinos Houdini mit verschiedenen Massnahmen zu tilgen, wird aus einem am 13. November 2024 einberufenen ­partizipativen Prozess (siehe Spurgruppe Kultur) mit finalem Beschluss an der ausserordentlichen Generalversammlung vom 30. Januar 2025 resultieren.

Spurgruppe Kultur

Der Vorstand hat aufgrund der Dringlichkeit und Komplexität des Sachverhalts im November 2024 zu einer «Spurgruppe Kultur» eingeladen. Ziel davon war, breit abgestützt und mit Weitblick eine Entscheidung treffen zu können und dabei auch eine kulturpolitische Perspektive einfliessen zu lassen. Beteiligt haben sich 14 Genossenschaftsmitglieder, darunter Bewohner*innen, Gewerbetreibende sowie Interessierte aus der Gesamtgenossenschaft - mit und ohne kulturellen Hintergrund oder Expertise.  

In einem partizipativen Prozess mit drei ausführlichen Sitzungen - inklusive Austausch mit der Geschäftsleitung der Neugass Kino AG, sowie mit Vorstand und Geschäftsstelle der Genossenschaft Kalkbreite -  hat die Spurgruppe Kultur verschiedene Varianten der Unterstützung kritisch hinterfragt und um Perspektiven und Haltungen erweitert. Die Spurgruppe hat Einblick in die Finanzzahlen der Neugass Kino AG verlangt und erhalten. Die Beteiligten kamen einstimmig zum Schluss, dass dem Geschäft und dessen Zukunft grundsätzlich Vertrauen entgegengebracht werden kann und hat dazu ein Statement formuliert:

 

Statement der Spurgruppe Kultur
«Die Spurgruppe Kultur steht mit vollem Herz zum Kino Houdini, aber: Zu welchem Preis? Es geht um viel Geld, es braucht Sorgfalt! 14 Personen untersuchten und diskutierten in einem ergebnisoffenen Prozess alle möglichen Varianten – aus kulturpolitischer Perspektive und mit Einblick in die Geschäftszahlen. Unabhängig vom Vorstand und einstimmig ist die Spurgruppe zum Schluss gekommen: Ein Kino, das Filme zeigt, die Verständnis für andere Lebensentwürfe, Kulturen und Welten schaffen, passt zur Genossenschaft Kalkbreite.  

Der Teilerlass bildet ab, wie wichtig die Ko-Existenz von Kultur und Wohnen ist, wie aufrichtig die Bemühungen des Houdini (resp. Neugass Kino AG) und der Genossenschaft sind. Es gilt, diese Ko-Existenz zu sichern. Der Teilerlass ist vertretbar und die 'günstigste' und nachhaltigste Variante, ohne massive Einwirkung auf die Geschäftstätigkeit der Genossenschaft. Sie fordert uns, ist jedoch tragbar.»

Teilerlass der Darlehensschuld

Partnerschaftliche Drittelslösung

Nach detaillierter Erörterung und ­sorgfältiger Abwägung empfiehlt der Vorstand allen Genossenschaftsmitgliedern die Annahme eines Teilerlasses der Darlehensschuld sowie eine teilweise Umwandlung in Naturalleistungen gemäss Punkt 3 der Traktanden. Die ­Neugass Kino AG trägt zur Tilgung ebenfalls bei, indem sie der Genossenschaft einen Drittel der noch ausstehenden Darlehensschuld zurückbezahlt. Die Rückzahlung dieses Drittels ist Voraussetzung dafür, dass sich die Genossenschaft ihrerseits verpflichtet dem Teilerlass der Darlehensschuld und der teilweisen Umwandlung in Naturalleistungen nachzukommen. Ebenso wird darauf vertraut, dass die Neugass Kino AG alles daransetzt, ihr Kulturunternehmen nachhaltig zu sichern und in die Zukunft zu führen.

Antrag des Vorstandes

Der Vorstand der Genossenschaft Kalkbreite wird ermächtig, mit der Neugass Kino AG einen Vertrag abzuschliessen, mit welchem

A

die Neugass Kino AG sich verpflichtet, den Betrag von CHF 597'900 ihrer Darlehensschuld bis zum 30. April 2025 zu tilgen und

B

die Genossenschaft Kalkbreite den Betrag von CHF 597'900 ihrer Darlehensforderung in ein Guthaben zum Erwerb von Kinobilletten und weiteren Leistungen gegenüber der Neugass Kino AG wandelt und

C

der Neugass Kino AG einen Teil ihrer Darlehensschuld im Betrag von CHF 597'901 erlassen wird.

Ein derartiger Teilerlass ist finanziell für die Genossenschaft tragbar und ermöglicht gleichzeitig die Fortführung des Kinos Houdini durch die Neugass Kino AG. Ein vollständiger Schuldenerlass wird vom Vorstand nicht unterstützt, da er die Handlungsfähigkeit der Genossenschaft belasten würde.

Teilweise Umwandlung in Naturalleistungen

Bei der Umwandlung eines Teils der Darlehensforderung in Naturalleistungen (z.B. Kinobillette, Saalmieten, Werbefläche etc.) wird für die Abwicklung in der Praxis mit einem gewissen adminis­trativen Aufwand seitens Geschäftsstelle gerechnet. Die konkrete Ausgestaltung und Durchführung dieser Prozesse sind zum heutigen Zeitpunkt nicht im Detail bekannt und würden nach dem Entscheid der Generalversammlung erarbeitet ­werden.

Finanzielle Folgen des Teilerlasses der Darlehensschuld

Ein Teilerlass der Darlehensschuld hat keine Auswirkung auf die Mietzinse der Liegenschaften Kalkbreite und Zollhaus. Die Berechnung der Mietzinse unterliegt dem Zürcher Modell der Kostenmiete.

Der Teilerlass der Darlehensschuld hat keine Auswirkungen auf die Anteilscheine der Genossenschafter*innen.

Der Teilerlass der Darlehensschuld hat keine Auswirkungen auf das geplante ­Bauprojekt Leepünt.

Erste grundsätzliche Abklärungen mit den Steuerbehörden zu einem ‘Steuerruling’ lassen keine nachteiligen steuerlichen Auswirkungen erwarten. Die definitive steuerliche Beurteilung erfolgt im Rahmen der Transaktionsabwicklung.

Der Vorstand und die Geschäftsstelle beurteilen die traktandierte Drittelslösung und den Teilerlass der Darlehensschuld als für die Genossenschaft finanziell und betrieblich tragbar.

Und wenn die partnerschaftliche Drittelslösung an der Generalversammlung abgelehnt wird?

Falls die Generalversammlung die traktandierte Drittelslösung und somit den Teilerlass der Darlehensschulden ablehnt, bleibt die Darlehensforderung über CHF 1'793'701 vollumfänglich bestehen. Ohne diese Sanierungsmassnahmen von Seite der Genossenschaft ist die Fortführung des Kinobetriebs stark gefährdet.

Für die Genossenschaft würde die Schliessung des Kinos Houdini eine Neuvermietung der Räumlichkeiten bedeuten, verbunden mit entsprechend hohen ­Kosten für Rückbau, Leerstand und Akquisition neuer potenzieller Gewerbemieter*innen. Die Kosten für den Neuvermietungsprozess werden genossenschaftsseitig (inklusive der notwendig werdenden Investitionen) zwischen CHF 800'000 bis CHF 1'500'000 geschätzt.  Die Genossenschaft hat bereits eine Analyse von möglichen Nutzungsszenarien der Kinoräumlichkeiten in Auftrag gegeben. Alternative Nutzungen sind grundsätzlich realistisch.